Das Gelände der Hermann-Lietz-Schule Haubinda beherbergt nicht nur zahlreiche Schülerinnen und Schüler. Auf grünen Wiesen und zwischen den Obstbäumen ist von Frühjahr bis Spätherbst eine fleißige, flauschige Truppe am Werk. Manchmal sehr gesprächig, aber meistens ruhig grasend ziehen die rund 50 ausgewachsenen Coburger Fuchsschafe mit ihren Nachkommen durch das Gras.
In den landwirtschaftlichen Gilden wird diese Herde auch von den Kindern betreut. Das geschieht unter Anleitung von Landwirt Heiko Schlemmer, Umweltpädagogin Dana Peschek und jungen Menschen, die ihr freiwilliges ökologisches Jahr in Haubinda absolvieren.
Im Winter heißt das: Misten, Stroh in den Stall bringen für Wärme und Futter. In den wärmeren Jahreszeiten: Die wechselnden Weiden mit Elektrozäunen sichern und Wasser bereitstellen. Doch bei solch besonderen Mitbewohnern fallen selbstverständlich zusätzliche Arbeiten an. Noch im Winter, bevor die Mutterschafe ihre Lämmer gebären, geht es den Tieren an ihre Klauen und das dichte Kleid. Die Scherarbeiten übernimmt ein Profi. Aber es werden zusätzlich flinke Hände gebraucht, welche die Schafe einfangen und sie auf den Rücken drehen, damit der Meister die Tiere zügig aus ihrem Pelz schneiden kann. Die erstaunlich schweren Vliese packen die Helfer in große Säcke - der wertvolle Rohstoff wird noch gebraucht.
Kurz nach dem Scheren steht das Highlight des Schaf-Jahres an. Die kleinen Lämmer werden im warmen Stall geboren. Bei den Coburger Fuchsschafen kommen die Jungen mit einem komplett braunen Pelz zur Welt, der sich erst mit dem Wachstum zu hellem Vlies entwickelt. Gesicht und Füße bleiben bei dieser lokalen Rasse braun. Nicht immer schaffen es die Mutterschafe all ihre Nachkommen zu versorgen. So gibt es jedes Jahr Flaschenlämmer, die von Menschenhand mit Milch und Zuwendung groß gezogen werden.
Sind die Lämmer über den Berg steht die nächste Aktion an: Das Impfen gegen ansteckende Krankheiten. Auch hier sind die geschickten Hände der Schülerinnen und Schüler wieder gefragt. Die wendigen Jungschafe werden in Teamwork mit wechselndem Erfolg gepackt, auf den Arm genommen und ruckzuck geimpft.
Langzeitdünger aus Schafwolle
Die im Winter gewonnenen Vliese landen, zusammen mit Schurwolle der umliegenden Schäfereien, in der Weiterverarbeitung. Ein kleiner Teil ist bestimmt für Haubindas Spinnerei- und Webprodukte. Der Rest wird mit Hilfe der Firma Liebensteiner Kartonagenwerk zu einem großartigen Dünger, den Schafwollpellets. Diese sind ein nachwachsender, natürlicher und regional gewonnener Langzeitdünger, der für Ziergarten und Gemüsebeete ideal ist. Vergangenes Wochenende konnte diese Art Dünger sogar im ZDF Duell der Gartenprofis überzeugen! - Beim Schulfest und dem Weihnachtsmarkt gibt es die Haubindaner Schafwollpellets für den heimischen Gebrauch zu erwerben.
Nicht alle Lämmer werden anschließend Teil der Herde. Da die Haltung unserer Schafe zu landwirtschaftlichen Zwecken erfolgt, stehen Weiterverkauf und Schlachtung an. Etwa die Hälfte aller weiblichen Lämmer verbleiben auf dem Gelände, die restlichen Weibchen gehen in den Verkauf an Zuchtbetriebe. Einige ausgewählte Böcke werden gekört, also für die Zucht bewertet, und nach bestandener Prüfung ebenfalls verkauft. Im Sinne der Nachhaltigkeit und regionalen Verarbeitung gibt es den Lammbraten aus der Schlachtung dann sowohl als Sonntagsgericht im "Meet & Eat", aber auch als kulinarisches Highlight zu Schulfest und Weihnachtsmarkt für die Besucher.
Den Rest des Jahres arbeitet die Schafherde als zuverlässiger Rasen-MÄH-er auf dem weitläufigen Gelände - zusammen mit dem Zuchtbock, der die Lämmer für das nächste Jahr sichert. Vor den Häusern der Internatsfamilien halten sie das Gras kurz und begrüßen Vorbeikommende mit einem tierischen Konzert. In unserem Schulalltag sind sie nicht mehr wegzudenken. Somit lernen die Schülerinnen und Schüler über das Jahr durch diese Tiere wesentliche Teile der Landwirtschaft kennen und sind von Geburt bis zum fertigen Produkt am Prozess beteiligt.
Text: Julia Böhm
Fotos: Julia Böhm, Volker Kilgus, Dana Peschek