Gerade im jugendlichen Alter der 9. Klässler möchte man sich Peter Pan zum Vorbild nehmen, um sich nicht immer nur an Anweisungen der Erwachsenen halten zu müssen. Peter Pan ist ein freier Geist, der zu jung ist, um von den Auswirkungen der Bildung belastet zu sein oder um die moralische Verantwortung eines Erwachsenen zu würdigen. Als „Zwischenmensch“, der fliegen und die Sprache der Feen und Vögel sprechen kann, ist Peter teils Tier, teils Mensch. Inwieweit diese Eigenschaften bei der Wahl des Stückes eine Rolle gespielt haben, ist nicht diskutiert worden. Dennoch war es eine Mehrheitsentscheidung der Klasse 9c im Lietz Internatsdorf Haubinda, dass sie im Sommer „Peter Pan“ auf die Bühne bringen möchte. Und alles sollte ganz groß und möglichst realistisch dargestellt werden. Also mit einem großen Schiff für Kapitän Hook und Indianerzelten und natürlich den authentischsten Kostümen, die die Nähstube hergibt.
Im Winter begaben sich die Bühnenbildnerinnen mit einem großen Tuch und vielen Spraydosen auf die Buswendeschleife in Haubinda, um ihr Bild zu sprühen. Eine musste immer den Schirm halten und die anderen wechselten sich mit Handwärmern und Spraydosen ab. Die Jungs hingegen haben lieber den Weg in die Werkstatt gesucht, um ein Schiff und Bäume und Felsen zu bauen. An zwei Tagen in der Woche war das Nähen in der Nähstube bei Frau Weikard angesagt. Ach ja, und dann sollte doch irgendwann auch der Text gelernt werden?!
Die Euphorie und der Freigeist waren sehr groß. „Das schaffen wir!“ versuchte die Klasse die Regie zu beruhigen, denn immerhin spielten sie die verlorenen Jungs nur auf der Bühne und nicht in der Realität. Die Winterstürme wurden weniger, die Proben umfangreicher. Und was war mit dem Text? Und wo sollte das große Bühnenbild für die Proben aufgestellt werden? In der Scheune war zu wenig Platz. Eigentlich hätte man eine „Neverland-Ranch“ gebraucht – aber in Haubinda reichte die Turnhalle.
Glücklicherweise nahmen die Freigeister nicht nur die Kritik an, sondern wollten auch zeigen, dass sie sich gegenseitig motivieren können. Die letzte große Motivation stellte eine öffentliche Aufführung dar, die bereits einige Wochen vor der eigentlichen Premiere beworben wurde. Das bedeutete ganz schön viel Druck für die Nixen, Piraten und Indianer. Aber die jungen Menschen bewiesen, dass sie ihr Ziel mit bestmöglichem Ergebnis erreichen konnten. Am 24. Mai und am 2. Juni präsentierten sie in einer wunderbaren Inszenierung die Geschichte rund um die verlorenen Jungs, die sich eine neue Mutter suchen – dargestellt u. a. mit Livegesang durch Zoe Charles – und gegen Kapitän Hook (Vivien Nehring), die schöne Gecca (Ann-Kathrin Reeber) und die Piraten (Finn Gärtner, Laurin Christ, Simon Kallies) kämpfen müssen. Nebenbei melden sich auch die Indianer (Larissa Both, Leopold Lütkemeier, Aaron Moser, Evelyn Gross, Friedericke Brückner) und die Nixen – herrlich arrogant dargestellt durch Lillemor Olbricht und Lucy Herrmann. Ebenfalls als Vater sehr überzeugend und geizig zeigte sich Franz Flähmig auf der Bühne. Und zu guter Letzt die wunderbare Noemi Lesser als Peter Pan. Unterstützt wurden die Darsteller vom Licht- und Tontechniker David Albrecht, der kurzfristig noch alle Töne einspielen konnte.
Die Freigeister haben bewiesen, dass sie ein paar tierische Eigenschaften verinnerlicht haben und gemeinsam für die Zuschauer eine wunderbare Vorstellung gespielt haben. Vielen Dank, liebe Klasse 9c.
Text: Katharina Schlegel, Internatsleitung
Fotos: Volker Kilgus
