Wie sahen Kinofilme noch vor 100 Jahren aus und vor allem, wie haben sie geklungen?
Letzteres überraschte dann doch manche Schülerinnen und Schüler, denn damals war der Stummfilm noch schwer in Mode, der ohne gesprochenes Wort auskam und im Kino live mit Musik unterlegt wurde. Keine 3D-Brillen oder wummernde Bässe aus der Dose.
Nosferatu ist einer der Titel, aus dem sich die Popkultur heute noch mit dem dort etablierten Bild des Vampirs speist. Der Gruselfilm, natürlich angelehnt an Bram Stoker's Roman Dracula, zählt deshalb heute noch zu den Film-Klassikern. Durch die Neuverfilmung aus 2024 rückte auch der alte Stummfilm wieder ins Rampenlicht.
Für die Haubindaner gab es von Nosferatu deshalb eine ganz besondere Vorstellung. Aufgrund des stetigen Kontakts mit den Musikern von Klangfeder, die bereits für den Lietz-Film "Immer weiter!" den Soundtrack lieferten, entstand die spannende Idee, deren musikalische Interpretation vom alten Nosferatu als Schülervorstellung anzubieten.
Vergangene Woche wurde der Plan in die Tat umgesetzt. Im Kino Bad Königshofen gastierten Klangfeder mit ihrer Produktion am Nachmittag zunächst für die Schülervorstellung und am Abend für das interessierte Kinopublikum. Mit dem Bus fuhren die etwa 70 Internatsschüler in Begleitung nach Bad Königshofen und wurden dort von Internats- und Schulleiter Burkhard Werner empfangen. Schnell noch mit Popcorn und Nachos eingedeckt, lehnten sich die Zuschauer in den Sesseln zurück und warteten - teilweise gespannt, teilweise skeptisch - auf den Retro-Film.
Vor der Leinwand aufgebaut stand ein imposantes Sammelsurium: Steeldrums, zahlreiche Synthesizer, E-Gitarren, ein riesiger Gong, Chimes und vieles mehr. Nicht schlecht staunte man, als nur zwei Musiker Platz an den vielen Instrumenten nahmen. Die ersten gelbstichigen Bilder und Texte flackerten über die Leinwand und das musikalische Feuerwerk nahm seinen Lauf. Schon nach den ersten Takten gaben einige erstaunt zu, wie faszinierend Livemusik zum Kinofilm wirkt.
"Ich dachte erst, das kommt alles aus dem Lautsprecher!", flüsterte ein Schüler, der seinen Platz etwas weiter hinten hatte. "Ich fand es spannend, wie viele Instrumente und Klänge verwendet wurden, da war ja vom Regenmacher bis Hufgeklapper alles dabei", verriet ein anderer in der Pause. "Naja, also wirklich gruselig war es aber nicht", schmunzelt eine Gruppe auf dem Weg zurück zum Bus. Einig war man sich aber: Das war ein ganz anderes Erlebnis als der übliche Kinobesuch.
Am nächsten Tag gab es ein Wiedersehen mit Klangfeder zur Mittwochabend-Kapelle im Lietz Internatsdorf Haubinda. Aus dem Stegreif begleiteten die Musiker einen von Oliver Luther selbstgedrehten Grusel-Kurzfilm (aus 2014) mit Klavier und Gitarre und ein stimmgewaltiger Erzähler lieferte im Anschluss einen Fachvortrag zu den Hintergründen der Schauspieler, Produzenten und Regie des alten Nosferatu Films. Mit dieser geballten Ladung Kultur geht eine spannende Woche zu Ende. Ob wir Klangfeder bald wieder in Haubinda begrüßen dürfen?
Text & Fotos: Julia Böhm