Mit sechs Jahren stand sein Berufswunsch fest: Er will Koch werden!
Die Alternative wäre Automechaniker gewesen. „Aber dagegen sprach, dass man sich jeden Tag dreckige Finger holt“, begründet Enrico Engel seine damalige Entscheidung. Und irgendwo im Büro am Schreibtisch sitzen kam nicht in die Auswahl - das erschien ihm zu langweilig, nur auf einem Stuhl zu sitzen ohne körperliche Bewegung.
Aus der frühen Berufsentscheidung des kleinen Enrico, der am liebsten mit Mehlschwitze leckere Soßen köchelte, entwickelte sich eine erfolgreiche und abwechslungsreiche Karriere. Mit 50 Jahren ist der gebürtige Thüringer wieder in seiner Heimat zurück. Seit 1. September ist er Küchenchef im Lietz Internatsdorf Haubinda und verköstigt mit seinem Team die Schüler und Schülerinnen der Hermann-Lietz-Schule sowie die Angestellten und eventuelle Gäste. Rund 600 Essen gilt es täglich zuzubereiten, wobei immer auch ein vegetarisches Gericht auf dem Speiseplan steht.
Nach seiner Ausbildung zum Koch im Gasthof „Zum Taufstein“ in Kalbach/Rhön führte ihn sein Weg zunächst zu „Käfer’s" am Frankfurter Airport - im Einkaufsbereich des Flughafens gelegenes Restaurant mit Pariser Flair und gehobener internationaler Küche. Weitere Erfahrungen als Jungkoch sammelte er im „Allgäuer Berghof“ in Sonthofen und anschließend auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Berlin“. Der Zivildienst unterbrach die Berufskarriere, doch auch hier ließ ihn die Küche nicht los: Im Seniorenzentrum Ernst Thälmann in Meiningen schwenkte er die Pfannen und rührte in den Töpfen leckere Gerichte für die Bewohner und Mitarbeiter an.
Enrico Engel setzte seine berufliche Karriere fort im Gasthof „Zum Schwan“ in Ostheim/Rhön, bildete sich zudem auf der Hotelfachschule Bad Wörishofen zum Küchenmeister weiter und erwarb auch den IHK-Ausbilderschein. Nicht ohne Folgen blieb sein Engagement auf der Insel Sylt, wo er als Küchenchef im „Wenningstedter Hof“ und später im TUI Dorfhotel im Einsatz war. Denn: Auf Sylt lernte er seine spätere Ehefrau kennen, die aus Streufdorf stammt und wo er heute mit ihr und seinen zwei Kindern zu Hause ist.
Nach seiner Rückkehr in die heimatlichen Gefilde war er unter anderem gastronomischer Leiter im Thermalbad-Restaurant Bad Rodach und vor seinem Engagement in Haubinda Küchenchef in der Median Klinik in Römhild. Er selbst steht nicht so gerne im Mittelpunkt, setzt auf Teamwork. „Man kann nur so gut kochen, wie das Team ist“, erklärt Engel, der sich schnell eingefunden hat und sich im Team seiner Mitarbeiter gut aufgenommen fühlt.
Essen muss in den Augen des neuen Küchenchefs ein Erlebnis sein und Genuss bereiten. „Wer nicht genießt, wird ungenießbar“, zitiert Engel ein Lied des Liedermachers Konstantin Wecker. Daher legt der Chefkoch Wert auf Abwechslung, entsprechendes Ambiente - und vor allem auf neue Ideen und Kreationen. „Wenn man keine Ideen mehr hat, soll man aufhören zu kochen“, so der Anspruch von Engel, der einmal im Monat an einem Thementag aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands Gerichte servieren möchte und jeden zweiten Monat auch mit internationalen Speisen aufwarten will.
Mit Weißwurst, Leberkäs, Brezeln und Kartoffelsalat, Blasmusik und blau-weiß dekorierten Tischen gab es bereits den Startschuss in die Erlebnis-Gastronomie, was von der Schülerschaft und einigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit feschem Dirndl und Lederhosen gut angenommen wurde. Als Favoriten für zukünftige internationale Thementage zählen momentan Gerichte aus Italien und Indien.
Während Enrico Engel sich im Internatsdorf Haubinda mit seinen Ideen voll austoben darf und leckere Gerichte kreieren kann, ist für ihn der heimische Küchenherd tabu. „Zu Hause darf ich nicht kochen, angeblich hinterlasse ich zu viel zum Aufräumen. Ausnahmen gibt es nur an besonderen Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern“, gesteht Enrico Engel schmunzelnd.
Text und Foto: Volker Kilgus